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Wenn ich richtig mitgezählt habe, waren es gestern abend 15 Tote, das dürfte ein Tatortrekord sein. Doch „Kein Entkommen“ lebt nicht von Effekthascherei durch Gewalteskalation, der Film beginnt sogar recht gemächlich. Kommissar Eisner liegt mit Grippe im Bett, als ihn der Anruf ereilt, dass ein Student bei seinem Nebenjob als Wäschereifahrer erschossen wurde.

Schnell wird klar, dass die Kugel eigentlich für Fahrer Josef Müller bestimmt war, mit dessen spektakulärer Flucht in Schlafanzugshose der Tatort plötzlich Fahrt aufnimmt. Das Tempo ist von jetzt an rasend schnell: Josef Müller heißt eigentlich Mirko Gradic und ist ehemaliger serbischer Kriegsverbrecher. Damit seiner Frau und seinem Sohn Polizeischutz gewährt werden, gibt er bereitwillig ein Notizbuch heraus, in dem er viele Gräueltaten, Namen der Täter und Orte von Massengräbern verzeichnet hat. Doch als Verräter wird er weiter gnadenlos von seinen ehemaligen Kameraden gejagt und so geschickt er sich auch wehrt, immer mehr Polizisten und andere Beteiligte müssen sterben.

Das Bild, das hier von den serbischen Immigranten gezeigt wird, ist ein düsteres. Die Jugend wird als gewalttätig und fanatisch dargestellt, der Konflikt scheint den Auswanderern in ihre neue Heimat zu folgen, ob sie es wollen oder nicht. Der Balkankrieg mag offiziell schon lange vorüber sein, doch die Konsequenzen sind für die Beteiligten noch heute spürbar. Dem schwierigen Thema wird dieser Tatort gerecht, indem er auf die gewohnte Auflösung mit Happy End verzichtet. Für den Zuschauer mag das offene Ende unbefriedigend sein, aber ich wüsste keine glaubwürdige, bessere Alternative.

(c) rbb/ORF/Peter Domenigg

„Kein Entkommen“ zeichnet sich für mich persönlich außerdem dadurch aus, dass es sich um den allerersten Wiener Tatort handelt, in dem mich Kommissar Eisners wie immer mürrische Art nicht gestört hat. Im Zusammenspiel mit seiner emotionalen Assistentin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) wirkt seine Misanthropie fast als stimmiger Gegenpol, die beiden überzeugen immer mehr als Ermittlerteam der österreichischen Hauptstadt. Also: bitte ansehen! Gerne bis nächsten Sonntag in der –> ARD-Mediathek